01.06.2019 – Von Stefan Aust
Der Wirbel rund um die Erderwärmung ist völlig übertrieben. Dabei spielen sich die Deutschen wieder Mal als selbst ernanntes Vorbild für alle auf. Bald wird eine andere Sau durchs Dorf gejagt. Warum die Welt einfach nicht untergeht.
Vor uns die Sintflut! Dürre in Deutschland! Tornados! Der Tipping Point naht, dann geht die Welt unter! Die von Greta Thunberg geforderte Panik ist voll ausgebrochen, vor allem unter Deutschlands Politikern.
Nach dem Volksparteien-Desaster der Europawahl ist Selbstgeißelung angesagt. Schuld ist das Klima unter den Wählern, die offenbar nur noch ein einziges Thema kennen: das Klima.
Alle Parteien der linken Mitte haben den Klimaschutz ins Zentrum der Probleme gestellt – aber nur die Grünen haben davon profitiert. Grün ist bekanntlich die Hoffnung, und die Hoffnung ist gepaart mit der Angst, am liebsten der vor der Apokalypse. Und die heißt: zwei Grad und hängt ab vom CO2, das die Menschen mithilfe von Kohlekraftwerken, Autos und Kühen in die Luft pusten.
Das nennt sich „anthropogener Klimawandel“, die durch Menschen verursachte globale Erwärmung seit Beginn der Industrialisierung. Angeblich sind sich zwischen 97 und 99,5 Prozent aller Wissenschaftler einig, dass die Klimakatastrophe menschengemacht ist. Wer diese unumstößlichen Tatsachen der Computermodelle anzweifelt, ist ein Klimaleugner, entweder nur dumm oder in fragwürdiger politischer Gesellschaft.
Wie die vergangenen Wärmeperioden zur Zeit der Römischen Reiches (um das Jahr null herum) und der Zeit der Besiedelung Grönlands durch die Wikinger (um das Jahr 1000 herum) zustande gekommen sind, ohne dass es Kohlekraftwerke und Diesel-Autos gegeben hat, bleibt dabei eher unklar. Auch die aus Bohrkernen im Alteis der Arktis und Antarktis ableitbare Beziehung zwischen CO2-Gehalt der Atmosphäre und den jeweils herrschenden Temperaturen hilft kaum weiter: Immer liegen nämlich die Erwärmungen vor dem CO2-Anstieg und nicht umgekehrt.
Das ist auch kein Wunder, denn kalte Ozeane speichern mehr CO2 als warme. In der Regel liegen ein paar Hundert Jahre zwischen Erwärmung und CO2-Anstieg.
Aber wir wollen den Potsdamer Klima-Gurus und allen ihren Followern ihre Apokalypse nicht schlechtreden. Wenn die Klimapanik dazu führt, dass weniger fossile Brennstoffe verbrannt werden, ist das ja gut – die sind schließlich endlich; bei jetziger Verbrauchsmenge reichen sie nur noch ein paar Hundert Jahre. Da ist Sparen angesagt, bis dann in den nächsten Jahrzehnten wirkliche Alternativen wie Fusionsenergie oder inhärent sichere Kernreaktoren entwickelt werden können.
Es ist ja bekanntlich besser, aus den falschen Gründen das Richtige zu tun als aus den richtigen Gründen das Falsche. Wobei wir bei den Maßnahmen wären, den Klimawandel zu stoppen. Irgendwann, vielleicht schon bald, wird man über den Windkraftwahn der Deutschen lachen – wenn auch nicht in Deutschland. Es dürfte – von Kriegen abgesehen – das teuerste und nutzloseste Investitionsprogramm aller Zeiten sein.
Solar und Windenergie liefern nur circa ein Prozent der globalen Energieversorgung und werden, obwohl Sonne und Wind kostenlos zur Verfügung stehen, pro Jahr mit 129 Milliarden Dollar subventioniert. In Deutschland schaffen knapp 30.000 Windräder gerade einmal 3,1 Prozent des Primärenergieverbrauches zu decken.
Die Windräder, im Durchschnitt etwa eines auf zwölf Quadratkilometern Bodenfläche in Deutschland, sind vor allem rotierende Kirchtürme des Glaubens an die jetzige Form der Energiewende. Ihre Effektivität ist alles in allem eher dürftig.
Solar leidet vor allem nachts daran, dass die Sonne nicht scheint. Energiegewinnung aus Biomasse führt zu Maisfeldern bis zum Horizont, getränkt in Gülle. Aber dafür steigen wir vorbildlich aus der Kernenergie, der Kohle und der Braunkohle aus. Wenn der Strom knapp wird, kaufen wir bei den weniger sauberen Nachbarn ein. So ist die Energiewende wenigstens eines: verlogen bis zum Geht-nicht-mehr.
Dass die Bürger ohne Murren bereit sind, die höchsten Strompreise Europas zu zahlen, ist das wirkliche Wunder der Wende. Offenbar merken sie nicht, welche Subventionsmonster sie damit am Leben halten. Mit der Klimabedrohung lässt sich nämlich gut Geld verdienen, von den Windpark-Investoren bis zum Handel mit Klima-Zertifikaten.
Auch Spenden für Organisationen von Klima-Aktivisten wie etwa des schwedischen Greta-Entdeckers Ingmar Rentzhog sind ein gutes Geschäftsmodell des modernen Ablasshandels. Auf seiner Plattform „We don’t have time“ sollen sich, so der Gründer, „Millionen von Mitgliedern zusammentun, um Druck auf Leader, Politiker und Unternehmen auszuüben, um für das Klima zu agieren“.
Er wolle ein Netzwerk mit 100 Millionen Usern aufbauen, finanziert durch Anzeigen klimafreundlicher Unternehmen, wie er gegenüber einer Finanzzeitung erklärte. Die Anschubfinanzierung des Start-ups mit rund einer Million Aktienkapital durch Investoren erfolgte u. a. durch Werbung mit Greta Thunberg – angeblich ohne Wissen ihrer Eltern.
Vielleicht ist die Kenntnis über das Umfeld Greta Thunbergs in Schweden ein Grund dafür, dass die dortigen Grünen bei der Europawahl ziemlich schwach abschnitten. In Deutschland hat sie den Status einer Heiligen, so wie die Deutschen ja ohnehin anfällig für humanitäre Schaunummern sind. Vom „Refugees Welcome“ des Septembers 2015 bis zum „Greta-Hype“ des Frühjahrs 2019 zieht sich ein moralischer Bogen: die Deutschen als selbst ernanntes Vorbild für die Welt.
Irgendwie hatte der österreichische Schriftsteller Franz Werfel im amerikanischen Exil einen guten Instinkt, als er in seinem Science-Fiction Roman „Stern der Ungeborenen“ (erschienen 1946) schrieb:
„Zwischen Weltkrieg Zwei und Drei drängten sich die Deutschen an die Spitze der Humanität und Allgüte. Der Gebrauch des Wortes ,Humanitätsduselei’ kostete achtundvierzig Stunden Arrest oder eine entsprechend hohe Geldsumme.
Die Deutschen und die Sucht, beliebt zu sein
Die meisten der Deutschen nahmen auch, was sie unter Humanität und Güte verstanden, äußerst ernst. Sie hatten doch seit Jahrhunderten danach gelechzt, beliebt zu sein. Humanität und Güte erschienen Ihnen jetzt der beste Weg zu diesem Ziel. Sie fanden ihn sogar weit bequemer als Heroismus und Rassenlehre… Sie waren die Erfinder der undankbaren Ethik der ‚selbstlosen Zudringlichkeit‘.
Zur Erholung hielten die Gebildeten unter den Heinzelmännchen philosophische Vorträge an Volkshochschulen, in protestantischen Kirchen und sogar in Reformsynagogen, wobei ihr eintöniges Thema stets der brüderlichen Pflicht des Menschen gewidmet war.
Ohne Pflicht ging’s nicht, wie ja die deutsche Grundauffassung vom Leben in der ‚Anbetung des Unangenehmen‘ bestand. Sie waren, mit einem Wort, echte Schafe im Schafspelz. Da sie aber selbst dies krampfhaft waren, glaubte es ihnen niemand, und man hielt sie für Wölfe.“
Und wenn der Klima-Hype abgeklungen ist, wird sich ein anderes Thema finden, mit dem man die Welt retten kann – oder wenigstens so tun als ob.
Kommentare:
Hans-Wolff Graf
Volltreffer, Stefan Aust!
Henry
Stefan Aust vielen herzlichen Dank für diesen Artikel. Genau so muss gute Medienarbeit sein, den Finger in die Wunde legen und den Spiegel vorhalten. Leider viel zu selten, auch in der WO, und so sind gerade auch die Medien am aktuellen Klimahype nicht unbeteiligt.
Frank S.
Ein wunderbarer und treffender Artikel.
Meine Prognose: 3 Tage totaler Blackout (der wird kommen, es ist nur eine Frage der Zeit) und die gesammte Klimahysterie ist Vergangenheit und die Grünen werden marginalisiert sein. Gut man wird dann einen neuen Götzen finden, den man anbeten kann, aber das wird erstmal etwas dauern.
Dleif T.
Der jetzige Klima-Hype die vierte Umwelt-Hysterie, die ich mitmache.
Anfang der 1970er Jahre erschreckte der „Clube of Rome“ die Menschheit mit „Die Grenzen des Wachstums“. Mitte der 1970er Jahre berichteten die Medien von einer drohenden neuen Eiszeit. Keinen interessiert das heute mehr. In den 1980er starb zuerst der Wald und dann der Mensch. Grund: saurer Regen. Die Bäume sollten um die Jahrtausendwende verschwunden sein. Es gibt heute immer noch Bäume. Keinen interessiert mehr Waldsterben und saurer Regen. Um die Jahrtausendwende tat sich plötzlich über den Polen ein immer größer werdendes Ozonloch auf und der Menschheit drohte weltweit der Hautkrebs-Tod. Keinen interessiert heute mehr das Ozonloch. Die heutige Hysterie nennt sich Klimawandel und Erderwärmung. Da jetzt alles global ist, ist sie natürlich auch global. Wie Herr Aust richtig erkannt hat: Der Klima-Hype ist der Ablasshandel der Moderne.
Fritz K.
Ich habe schon das Waldsterben und das Ozonloch überlebt und ich werde sicherlich auch die Klimawandelkatastrophe überleben. Aber ich bin mir nicht sicher, ob ich die menschengemachte Deindustrialisierung Deutschlands überleben kann.
Skeptiker
Herr Aust, Sie sind Balsam für den gefolterten Verstand und die wunde Seele.