„Immer die Wahrheit zu sagen, bringt wenig Freunde – aber die richtigen.“
John Lennon, ermordet 1980
„Die Wahrheit ist ein selten Gut“, wußte bereits Christopher Marlowe (der den Ur-‘Faust‘ schrieb), und in der Tat führen lineare Denker, die sich „pflegeleicht“ und „waschmaschinenfest“, unauffällig, wie vom Mainstream vorgeschrieben der politischen Korrektheit unterwerfen und weder privat noch beruflich als unangenehme Fragensteller auffallen, ein wesentlich ruhigeres, spannungsärmeres Leben.
Und auch die Tatsache, daß es keine objektive Wahrheit gibt, Wahrheit also immer subjektiv gefärbt und zeitlich wie inhaltlich relativ bleibt, wurde bereits seit Jahrtausenden immer wieder artikuliert – von Querdenkern aller Couleur und Nationalität, also Menschen, die hinter die Kulissen zu blicken versuchten, die um Zusammenhänge und Wahrheiten rangen und sich mit vorgefertigten Meinungen und Dogmen nicht zufrieden geben wollten.
Als wir vor nunmehr 16 Jahren unsere Querdenker-Plattform (in Deutsch, Englisch und Russisch) einrichteten, geschah dies aus dem Gedanken heraus, zu allen denkbaren Themen eine breit gefächerte Informations- und Meinungsaustausch-Möglichkeit für diejenigen zu schaffen, die sich ansonsten aus Gründen der räumlichen Ferne und völlig unterschiedlicher Beruflichkeiten mutmaßlich niemals getroffen hätten. Hier sollten sich themenübergreifend und nur auf dem „Nährboden“ von Interesse und Neugier Menschen austauschen, die einerseits thematisch versiert sind, andererseits tolerant genug sein sollten, andere – mutmaßlich auch völlig kontroverse – Meinungen zu lesen, zu überdenken, zu diskutieren und notfalls auch zu ertragen.
Und in der Tat fanden sich über viele Querdenker-Beiträge sogar Menschen aus völlig unterschiedlichen Winkeln der Welt zum Gedankenaustausch, zu Diskussionen und sogar zu beruflichen Teams und privaten Freundschaften.
Nicht selten jedoch bekundeten einige Querdenker anfangs ein reges Interesse, um dann jedoch darum zu bitten, vom Querdenker-Verteiler genommen zu werden, weil sie entweder die Anzahl von E-Mails übermannte (obwohl man jede Mail nach kurzem Einlesen als ‚thematisch uninteressant‘ löschen kann) oder sie völlig kontroverse Standpunkte, die über den Querdenker-Verteiler liefen, schlicht nicht tragen und tolerieren konnten.
Nun gut, das ist nur legitim und darf jedem überlassen bleiben.
Gerade in jüngster Zeit hat jedoch der Terminus ‚Querdenken‘ eine inhaltliche Verfremdung erfahren, die bedenklich stimmt und deshalb einer Klarstellung bedarf:
Querdenken bedeutet originär, nicht nur linearer Unterrichtung (ob in der Schule, im Studium oder durch den täglichen Medienkonsum) Vertrauen und Glauben zu schenken, sondern darauf bedacht zu sein, verabreichte Informationen näher zu beleuchten, deren Hintergründe zu erschließen, Fragen zu stellen, Zweifel anzumelden und weitere Informationen zum Thema zu sammeln – trotz der dafür nötigen Zeit –, um mehr Klarheit und Verständnis um die Zusammenhänge zu erarbeiten.
So erhält man zwar für das fehlerlose Aufsagen von Schillers Gedicht „Die Glocke“ eine gute Note im Deutschunterricht, wer sich jedoch der Mühe unterzieht, sich mit der Zeit mehr zu beschäftigen, zu der Schiller seine „Glocke“ verfaßte, sich mit dem soziologischen Umfeld im Deutschland dieser Zeit und Schillers eigener wirtschaftlicher Situation eingehender zu befassen, dem erschließt sich eine Welt, zu der im Deutschunterricht wenig bis kein Platz ist.
Keinesfalls hat echtes Querdenken auch nur das mindeste mit Querulantentum oder Quertreiberei zu tun. [….]