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Politische Spiegelfechterei – Lebensversicherungen

Als Reichskanzler Otto von Bismarck 1889 die ‚allgemeine Arbeiter-Rentenversicherung‘ aus der Taufe und zum Gesetz erhob, – übrigens, um damit den „Sozial“demokraten zuvorzukommen – betraf dies nur etwa 20% der Arbeitnehmer, nämlich diejenigen, die‚ schwere körperliche Arbeit zu verrichten‘ hatten. Eine Rente erhielt, wer sein Arbeitsleben gesund* beendete und das 70. Lebensjahr überschritten hatte, wovon nur die wenigsten überhaupt etwas hatten, da nur jeder 10. dieses Alter erreichte; die durchschnittliche Lebenserwartung (ab Geburtsregistrierung nach 48 Stunden) betrug damals knapp 40 Jahre, lag also unter dem heutigen Lebenserwartungs-Standard auf dem afrikanischen Kontinent. Die staatliche Rente wurde damals eigentlich nur als Notgroschen für diejenigen angesehen und eingerichtet, die nicht von Kindern und in ihrer Familie versorgt wurden, sofern sie dieses für damalige Verhältnisse „biblische“ Alter überhaupt erlebten. Folgt man dieser Logik, müßte die gesetzliche Altersrente heute bei deutlich über 100 Jahren liegen, insbesondere vor dem Hintergrund, daß derart harte körperliche Arbeit wie im Deutschland des ausgehenden 19. Jahrhunderts heute so gut wie überhaupt nicht mehr verrichtet wird. Andererseits spielen in unserer Zeit ganz andere Faktoren dafür eine Rolle, daß Menschen selbst das heutige gesetzliche Rentenalter nur mit Mühe (oder gar nicht) in ihrem angestammten Beruf erleben; die psychische Belastung ist bereits seit Jahrzehnten bedeutend höher einzustufen als die physische.
Dennoch wird vor diesem historischen Hintergrund ein Teil der Absurdität erkennbar, die sich um den Begriff der ‚staatlich garantierten Rentenzahlung‘ rankt, denn diese staatliche Zwangsversicherung beließ es beileibe nicht dabei, für die Ärmsten und wirtschaftlich Schwächsten vorzusorgen, vielmehr überboten sich die „christlichen“ und „sozialen“ Politiker dabei, immer mehr Berufe und Bevölkerungsschichten ins staatliche Rentenkorsett hineinzuzwingen – ungeachtet der Frage, ob sich das Gros der Menschen nicht privat, alleine, persönlicher und preis-werter fürs Alter ver- und absichern könnte. Dabei geriet dieses staatliche Renten-Zwangssystem in ein selbst-verursachtes Dilemma: Immer mehr unterschiedliche Berufe mit völlig unterschiedlichen Ausbildungszeiten und Qualifikationsvoraussetzungen mußten vereinheitlicht und unter gemeinsame Regulatorien subsummiert werden. Hinzu kam, daß viele Berufstätigkeiten und sogar ganze Karrieren nur jeweils kurze Lebensdauern hatten; nur noch weniger als 30% aller Menschen üben heute einen Beruf lebenslang aus – zumeist nicht einmal in dem Beruf, für den sie ein(e) Ausbildung/Studium durchlaufen haben.

Ohne nun allzu tief in die Gesamtproblematik der staatlichen Rentenversicherung einzusteigen, wird aber immerhin klar, wie zwielichtig das politische Gerangel um die Deutungshoheit der politischen Parteien dahingehend ist, wofür der Staat eigentlich aufzukommen hat, was „sozial“ und/oder „gerecht“ ist, wobei Parteien kraft ihres selbst angemaßten Urteilsvermögens, völlig zu Unrecht unterstellter Kompetenz und jenseits dessen, was demokratisch sein könnte, den Bürgern schlicht das Recht verweigern, sich als mündige Verwalter ihres eigenen Lebens zu sehen und zu verstehen.
Und ganz besonders haarig wird es, wenn von einem geregelten und eine fachliche Ausbildung verlangenden Arbeitsleben völlig entfremdete Politiker darüber meinen, befinden zu müssen/dürfen, wie Otto Normalverbraucher und Lieschen Müller im Alter zu versorgen seien, wie lange sie (mindestens) arbeiten und in welchem Beruf sie wieviel mindestens verdienen müßten. Doch diese geradezu atemberaubende Überheblichkeit der Politiker wird heute von kaum einem Wähler überhaupt noch hinterfragt, geschweige denn brüsk abgelehnt. Das Gefühl, für das eigene Leben auch eigenverantwortlich gerade zu stehen und zu sorgen, ist den meisten Menschen bereits im Elternhaus völlig abhandengekommen, und dies politisch einzufordern, käme beinahe einem Hochverrat an der „sozialen Marktwirtschaft gleich.

Vor diesem Hintergrund gerinnt die derzeitige Debatte um das Renten-Mindestalter zu einer Art Burlesque, an der sich unsere ach so sozialen MinisterInnen und deren Stäbe öffentlichkeitswirksam abarbeiten und ‚inhaltlich schwierige Verhandlungen‘ (so die besonders kompetente Frau Nahles – das ist die Claudia Roth der Sozis) vortäuschen. Nur schade, daß bei dieser lächerlichen Farce auch unsere Medien mitspielen, obgleich jeder mit den Grundregeln der Mathematik vertraute Mensch nachrechnen kann, daß die (o.g.) „Geburtsfehler“ der Rentenversicherung bereits hauptsächlich dafür verantwortlich sind, daß die Rentenversicherung nicht zukunftsfähig sein kann. Die heutigen migrationsbedingten Probleme und die das gesamte System ebenfalls konterkarierende demographische Entwicklung verschärfen diese Misere der Rentenversicherung nur noch zusätzlich.
In diesem Zusammenhang: Wer die Diskussion zum Thema ‚Lebensversicherungen‘ in einfacher, nachvollziehbarer und prägnanter Weise nicht gesehen hat, hier ein Link zur Sendung von Phoenix vom 11.04.2014 https://www.youtube.com/watch?v=KUfrqHoYIns. Äußerst aufschlußreiche 45 Minuten, die untermauern, wovor wir (ehemals efv-AG) seit Jahren warnen!

H.-W. Graf


* Die gesetzliche Unfallversicherung (unter Einschluß einiger weniger Berufskrankheiten) wurde bereits 8 Jahre vorher verabschiedet.