Hallo, hier ist das Volk!
Es war in der Endphase des bayrischen Wahlkampfes, Frau Schmidt, als wir uns begegnet sind. Die Umfragen sagten voraus, dass die CSU die absolute Mehrheit verlieren würde. Die bayerischen Genossen sahen das Morgenrot am Horizont aufziehen und boten alles auf, was Rang und Namen hatte, um die SPD aus dem Keller zu holen. Auch Sie, Frau Schmidt, mussten an die Front, nach Marktoberdorf. Den Auftritt im Modeon hätten Sie sich sparen können. Außer einigen SPD-Vertretern, einer Handvoll wackerer Leute mit Ver.di-T-Shirt, einigen misstrauisch blickenden Ärzten und einem, der mittlerweile 370, von mir initiierten Bürgerpatientenstammtische war niemand da, der Sie hören wollte. Das genau, liebe Frau Schmidt, ist Ihr Problem. Sie boxen mit Brachialgewalt die nächste Etappe ihrer horrenden Gesundheitsreform durch, für die sie einen kleinen, nicht ganz unwichtigen Faktor verloren haben: das Volk.
Die Leute haben schon lange das Vertrauen in Ihre Kompetenz und die Lauterkeit Ihrer Absichten verloren. Gerade dämmert der Bevölkerung, dass Sie ihr in 2009 weitere sechs Milliarden Euro aus der Tasche ziehen wollen, für eine bürokratische Monstrosität, von der noch zu reden sein wird: den Gesundheitsfonds. Abgesehen von der Tatsache, dass es sich um eine Ausgeburt politischer Hilflosigkeit handelt, mit der das deutsche Gesundheitswesen vollends zerrüttet wird, haben wir es mit einem asozialen Akt zu tun. Man schätzt, dass die mit dem Gesundheitsfonds verbundene Anhebung der Beitragssätze jeden Versicherten ca. 125 Euro kosten wird. Das ist die größte staatliche Geldabschöpfungsaktion seit dem Coup mit der Erhöhung der Mehrwertsteuer im Jahr 2006. Der ‚Stern’ bezeichnet Ihr neuerliches Reformwerk kurzerhand als „Murks“. Ein Etikett, das Sie begleitet, seit Sie Gesundheitsministerin sind. Deshalb kommt niemand mehr, wenn Sie reden.
Die Leute schalten den Fernseher aus, wenn Sie in Talkshows auftreten. Und nun haben Sie auch noch mich an der Backe, die in ihrem Buch die Folgen Ihrer Politik offen legt, die von Geschädigten bundesweit als Referentin eingeladen wird, um den Leuten den Sand aus den Augen zu wischen, den Sie systematisch einstreuen.
Die in ihren Vorträgen Sie und Ihre Politik als eine Gefahr für unser Solidarsystem bezeichnet und findet, Sie und Ihre Helfer sollten schnellstens abgewählt werden, bevor unser Gesundheitswesen total ruiniert ist.
Anderthalb Monate vor Ihrer Nullnummer in Marktoberdorf hatten sich an gleicher Stelle etwa 1.000 Menschen versammelt, weil sie das Vertrauen in die deutsche Gesundheitspolitik verloren und die Überzeugung gewonnen hatten, dass sie von den Architekten des gesundheitspolitischen Umbaus – angefangen von Horst Seehofer bis zu Ihnen und Angela Merkel – verraten und verkauft werden. Weitere 500 Leute mussten an diesem Tag ins Foyer ausweichen. Und etwa die gleiche Anzahl von Menschen stand vor der Tür und wurde wegen Überfüllung von den Ordnungskräften wieder nachhause geschickt. Aufgerufen zu der Veranstaltung hatten Ärzte. Als Initiatorin der Bürgerinitiative www.patient-informiert-sich.de und Autorin des Buches „Der verkaufte Patient“ war ich als Referentin eingeladen.
Man müsse mich einfach „totschweigen“; so formuliert man es in Ihrer Zunft. Das wird nichts nutzen, inzwischen sind zu viele informiert über die Pläne dieser Gesundheitspolitik! Klar, meine Positionen sind Gift für Ihre politischen Absichten. Wenn sich das erst einmal in Deutschland herumspricht wohin die Reise geht, wird es 2009 im Wahlkampf noch schwieriger werden, damit Stimmen zu bekommen! Sie wissen, was ich fordere: den Erhalt des solidarischen Gesundheitswesens. Ich rufe deshalb zu einem demokratischen Widerstand gegen den Ausverkauf unseres Gesundheitssystems an die Konzerne auf. Ich bekämpfe die Gesundheitskarte, weil ich sie für einen dreisten Akt klammheimlicher Wirtschaftsförderung und für einen milliardenschweren Betrug am Beitragszahler halte. Ich bin strikt gegen den Gesundheitsfonds, weil er die katastrophalen Folgen der Seehoferschen Krankenkassenreform kaschiert, prolongiert und zementiert, statt sie an der Wurzel zu sanieren. Ich halte es für einen Skandal, dass Politik und Gesundheitsfunktionäre das Arztgeheimnis aushebeln, um den Konzernen Zugang zu Patientendaten zu verschaffen.
Ich brandmarke das politisch inszenierte Attentat auf die Haus- und Fachärzte, die vorsätzlich [….]