Zu den Strategien und Einflußmöglichkeiten globaler Unternehmen
Unter diesem Motto fand in der Akademie für Politische Bildung Tutzing, am 28./29. November 2005 ein Seminar statt, das in einer hervorragenden Mischung die unterschiedlichen Aspekte der Globalisierung und der künftigen Entwicklung der (wirtschafts-)politischen Räume beleuchtete. Das Plenum setzte sich vor allem aus Lehrern, Professoren und Politik-, bzw. Wirtschaftswissenschaftlern sowie Schülern und Studenten zusammen. Erstaunlich unter-repräsentiert: Unternehmer sowie Journalisten. Bedauerlich insofern, als gerade die Mischung der Referenten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft die uns alle zukünftig in immer stärkerem Maße berührende Thematik aus gänzlich unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchteten.
Zu Beginn referierte Prof. Doris Fuchs von der Handelshochschule Leipzig/Wittenberg und dem Zentrum für globale Ethik über die unterschiedlichen ‚Dimensionen der Macht’. Sie unterteilte hierbei in ‚instrumentelle Macht’ (den direkten Einfluß des Lobbyismus), die vor allem auf die Mobilisierung der Interessen und deren politische Umsetzung auf nationaler Ebene sowie die Ausweitung auf die supranationale Ebene abstellt und die Verbesserungen im Zugang zu Politik und Bürokratie, also die Möglichkeiten der Konzerne in jeweils angepaßten Strategien verfolgt; zum zweiten sprach sie die ‚strukturelle Macht’ an, die vor allem auf Regelsetzung und die Schaffung wirtschaftlicher Fakten abstellt. Hierbei unterschied Frau Fuchs in die ‚Agendasetzungsmacht’, also den Machtzuwachs durch zunehmende Kapital-mobilität und den daraus erwachsenden zunehmenden Einfluß der Konzerne, sowie die ‚Regelsetzungsmacht’, d.h. den Zuwachs an Qualität und qualitativen Veränderungen in Public Private Partnerships(PPP) und deren jeweiliger Selbstregulierung. Die dritte Dimension der Macht bezeichnete Doris Fuchs als ‚diskursive Macht’, bei der es vor allem um soziologische Perspektiven und die Betonung von Ideen und Normen, die öffentliche Kommunikation, die Legitimität und Autorität von Macht geht. Diese bedient sich unterschiedlicher Kampagnen zur Beeinflussung und Definition von Problemen und Lösungen, stellt auf eine Ausweitung der Domäne des Marktes wie auch des politischen Stimmrechts ab. Fuchs reflektierte bei den dabei beobachtbaren „Grenzen der Macht der Unternehmen“ vor allem auf den zunehmend diversifi-zierenden Wettbewerb und die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung [corporate social responsibility (CSR) – also die sozialpolitische Verantwortung der international agierenden Konzerne]. Hier war ein gewisser Hang zu benevolenter Blauäugigkeit auszumachen, der wohl wissenschaftlicher Realitätsferne geschuldet ist; den global in immer brutalere Verteilungs- und Machtkämpfe verstrickten ‚Global Players’ geht es längst nicht mehr um CSR – kann es auch faktisch gar nicht –, sondern ums schiere Überleben in Systemzwängen.
Um den weniger wissenschaftlichen umso mehr unternehmerischen Aspekt der Globalisierung ging es Dr. Helmut Becker, ehemals Chefvolkswirt der BMW AG, München, der das „Globali-sierungsgewäsch“ als „viel zu abstrakt“ apostrophierte. Unternehmen, so Becker, seien keine abstrakten Entitäten, sondern unterschiedlich kooperierende Menschen – ob als Mitarbeiter, Unternehmensführer oder Aktionäre. […]