und wie unsere Politik das verhindert
Autor: Carlos A. Gebauer
Verlag: Lichtschlag Buchverlag, Grevenbroich
Preis: € 14,90
Umfang: 240 Seiten
ISBN: 978-3-939562-12-2
Was mich schon an dem Titel ansprach war, daß der Autor von „unserer Politik“ und nicht von den „Politikern“ im allgemeinen sprach, und in dem Buch fand ich (oft erschreckend) nachvollziehbar dargestellt, was denn „unsere Politik“ so alles tut.
Carlos A. Gebauer zeigt auf, daß die allgemeine Überzeugung der Bevölkerung, daß es mit dem deutschen Abgaben-, Steuer- und Zuteilungsstaat schon irgendwie seine Richtigkeit habe, auf einem sehr brüchigen Fundament von Informationen steht.
Was kostet uns das Phänomen „Staat“? Wie und wo ist der Begriff „Ausbeutung“ angebracht? Für die meisten Deutschen sind es die Unternehmer, die Arbeitgeber oder „die Reichen“. Das Ausmaß der Ausbeutung durch den Staat/die Politik ist den meisten jedoch weder kognitiv noch emotional bewußt. Z.B. das Thema „Abgabenquote“: Wie viele Tage im Jahr arbeiten wir für unser eigenes Portemonnaie und wie viele Tage für das Finanzamt und die Sozialkassen? Oder – in anderen Worten – wie viele Finger gehören noch mir und wie viele arbeiten schon für andere? Mathematik kennt keine Gnade: Mit nachvollziehbaren Zahlen rechnet der Autor uns vor, was sonst in den Medien nebulös statistisch unverständlich erklärt wird.
Um die Richtigkeit des Ausrufes, „der Staat tut ja auch etwas für das Geld, das er mir abnimmt“, zu prüfen, schlägt Gebauer dem Leser vor, während der Lektüre auf einem Zettel all das festzuhalten, was der Staat unentgeltlich und zufriedenstellend für ihn erledigt.
(Also, mein Zettel ist leer geblieben bzw. füllte sich mit dem Text für diese Buchempfehlung).
Carlos Gebauer sucht nach einer Definition von „Geld“, d.h. er sucht danach, was „Geld“ eigentlich ist. Eine Definition im rechtlichen Sinne gibt es nicht bzw. ist nicht zu finden. Er kommt auf einem logischen und spannenden Weg zur Erkenntnis: Geld = Schulden. Geld hat den Charakter einer Ware verloren und ist nichts weiter als Papier. Die Zentralbank kann den Wert des Geldes (so es denn einen hat) nach Belieben durch die Menge des Geldes verändern; das ist vergleichsweise so, als wenn z.B. 100 cm plötzlich 60 cm wären. Was durch die Eichämter geprüft und bei Nichtbeachtung bestraft wird, ist für die Zentralbanken nicht gültig. Bei den Zentralbanken sagen wir aber, daß das doch „anerkannte“ Experten sind; nur von wem anerkannt, steht meist nicht dabei. „Im gängigen (Medien-)Sprachgebrauch werden Experten zu ‚anerkannten’ Experten, wenn sie auf der Gehaltsliste des Staates stehen …“
Weiterhin geht Carlos Gebauer den Themen „Schwarzarbeit“ und „Scheinselbständigkeit“ auf den Grund. Er zeigt auf, inwieweit der Staat in die individuelle Gestaltung von Verträgen eingreift, ja sie sogar verbietet.
Zudem weist er auf das daraus resultierende „Phänomen“ der steuerlichen Gestaltung und die Ignoranz gegenüber dem Willen des Bürgers hin.
Er vergleicht den für die meisten Bürger immer unverständlicher und verwirrender gewordenen „Gesetzesdschungel“ mit den Mechanismen, die den Machterhalt von Adel und Klerus im Mittelalter sicherstellten: die lateinische Sprache verdonnerte die Menschen, die ihrer nicht mächtig waren, zu „glaubenden Schäfchen“. Unser Gesetzesdschungel ist kompliziert. Er ist unverständlich. Er muß ständig verändert werden. Und wir sind „die glaubenden Schäfchen“.
„Für unsere Generation bleibt vorerst nur die traurige Erkenntnis, daß der berufstätige Fleiß von Millionen Steuer- und Sozialabgabenzahlern einen äußerst lukrativen Steinbruch für den Gewinn von Staatsbürokratie darstellt … Jeder produktive Akt eines einzelnen fleißigen Menschen zieht sogleich eine Unzahl unproduktiver Staatsverwaltungsakte nach sich.”
Von den Früchten unseres Fleißes bleiben nach allen staatlichen Abgaben allenfalls 20% in unserem eigenen Besitz. Und selbst vor dem Tod eines Mitmenschen kennt der Fiskus keinen Halt. Die Erbschaftssteuer, als „finaler Schlag der Besteuerung des Todes“, wird damit gerechtfertigt, daß der Erbe dafür ja nichts geleistet hat. (Hallo?!?!?! Da geht mir ja die Hutschnur hoch…) Was hat denn der Fiskus dafür geleistet? Im Gegenteil, er hat vorher schon verhindert, daß der Familie des Verstorbenen oder der Gemeinschaft, die er unterstützen möchte, mehr übrig bleibt.
Fehlt es unseren Politikern an Phantasie und/oder Kenntnis, daß die eine erwerbstätige Hälfte der Menschen in Deutschland die andere nicht erwerbstätige Hälfte auch ohne diesen Abgaben- und Verwaltungsdschungel vor Verarmung schützen könnte? Oder sogar besser und vor allem billiger?!
Wie aber kommt es/kam es zu einem solchen System, wie wir es heute haben? Im Kapitel „Herrscher und Beherrschte in der Bequemlichkeitsfalle“ beschreibt Carlos Gebauer den Komplementär-Mechanismus zwischen „Die machen das schon“ und „Das ist unsere Aufgabe“, der uns in dieses Sackgassen-System getrieben hat und immer noch treibt. Er schildert auch die ernüchternde Tatsache, daß die Ausweitung, das Wachstum unseres Beamtenapparates als Wertezuwachs in der Wachstumsbilanz dargestellt wird. Hierzu zitiert er Gabor Steingart, der beschreibt, mit welchen Tricks die Statistiken arbeiten: „Die rapide steigende Staatsverschuldung wird als Fortschritt dargestellt.“
Viele weitere Themen werden vom Nebel, der sie verschleiert, befreit.
Unser „Bauchgefühl“ (meins zumindest), daß da was nicht stimmt, daß wir arbeiten wie die Besessenen und nichts dabei rauskommt, endet nach dem Lesen des Buches in der „Vision“ (es gibt durchaus schönere von mir): „Wer wird Sieger im Hamsterrad, wer hält am längsten durch, für immer mehr Menschen, den Lebensunterhalt und für die Verwaltung unseres Staates zu arbeiten“ – egal, ob selbständig oder angestellt?
Mit vielen interessanten, neugierig machenden Fragen gespickt, in einer jedermann verständlichen Sprache und mit Verweisen auf weiterführende bzw. vertiefende Literatur führt uns Carlos Gebauer in seinem Buch durch unser Politik-System. Es liest sich spannend wie ein Krimi und wirkt zugleich äußerst aufschlußreich und aufklärend auf unser vages „Da-kann-doch-was-nicht-stimmen-Bauchgefühl“.
Carlos A. Gebauer studierte Philosophie, neuere Geschichte, Sprach-, Rechts- und Musikwissenschaften. Er arbeitet als Rechtsanwalt in Duisburg.
Seine Homepage: www.MAKE-LOVE-NOT-LAW.com
Nicola Trautner