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Freiheit – Illusion oder Utopie?

Unterstellen wir wort- und sinntreu Utopie als etwas ‚nicht-Reales’ aber durchaus – zumindest von Einigen – Vorstellbares und (zumindest theoretisch) Mögliches, hingegen Illusion als etwas vorgeblich Reales, tatsächlich jedoch ‚nicht-Existentes’ – denken Sie an den Magier, der unsere Sinne perfekt zu täuschen vermag –, so könnten wir die Frage in der Überschrift nach kurzer Überlegung etwa folgendermaßen beantworten: „Freiheit ist per se eine Illusion, und diejenigen Politiker, die uns diesen Begriff tagtäglich als real lebbar und wertvolles Gut (ihrer Politik) verkaufen, sind die Zauberer, auf deren Taschenspielertricks wir ebenso tagtäglich hereinfallen; ihnen glauben, was sie uns als so edles Ziel und bedeutsames Resultat ihrer Arbeit und Mühen – selbstredend nur im Dienste am und für das Volk – vorgaukeln.

Doch dagegen spräche die Logik und (spätestens seit Aristoteles) das Denkresultat aller Philosophie; beschränkte sich nämlich ‚Freiheit’ darauf, nur Handwerkszeug selbsternannter (oder auch realgewählter) Führer zu sein, hätte zum einen der Nymbus des Begriffes ‚Freiheit’ nicht schon Jahrtausende überdauert, ohne als billiger Trick entlarvt zu werden, zum anderen hätte er nicht ebenso lange schon Legionen von Denkern und Philosophen beschäftigt, denen es per se nicht um die Manipulation der Massen gehen konnte, da sie weder deren Sprache benutzten, noch es ihnen um deren Wählerstimmen gehen konnte/mußte. Und noch eines verbietet eine derart schnelle Antwort auf die Titelfrage: Von Freiheit schwadronieren ja nicht nur weltliche Politiker, sondern auch die Steigbügelhalter des Jenseits, die Chefideologen sämtlicher Religionen – nennen wir sie ‚Sakralpolitiker’; auch ihnen geht es darum, ihre spezifische Religion(spolitik) als die einzig wahre und heilversprechende unters Volk zu bringen – friedlich, solange sich die Gegenwehr in Grenzen hält und keine Konkurrenz interveniert, belligeristisch und brutal, wenn sie sich infragegestellt oder bedroht fühlt. [Von Philosophen kann in diesem Zusammenhang nicht gesprochen werden, denn eo ipso ist jede Religion, wort- und sinntreu verstanden, Ideologie, derer sich der wahre Philosoph per se enthält.]

Versuchen wir zusammenzufassen, was uns etwa zweieinhalb Jahrtausende der Beschäftigung mit dem Begriff Freiheit als Resultat geliefert haben, so ist das Ergebnis recht ernüchternd: Freiheit gilt (neben den Basisrechten auf Leben und Eigentum) als Grundrecht aller Menschen, gleich welcher Ethnie, Hautfarbe, Geschlecht und Abstammung; sie gilt es zu schützen und zu verteidigen. Darin scheinen sich Herakleitos von Ephesos und Demokrit, Kant und Hegel, aber auch Popper und Galbraith[1] völlig einig zu sein. [Zumindest von diesen Philosophen ist nicht bekannt, daß sie Nicht-Kaukasier oder Frauen als ‚Menschen zweiter Klasse’ ansahen.]

Verwunderlich ist dabei nur, daß wir nach wie vor Heere unterhalten, Kriege führen, Verbrechen – auch und nachgerade staats- und religionspolitisch motiviert – begehen, Menschen ob ihrer Andersartigkeit verfolgt, vertrieben, enteignet und getötet werden, säkulare und sakrale Führer vor keiner Lüge und Schandtat zurückschrecken, um uns in Angst und Schrecken zu versetzen, gegeneinander aufzuhetzen, uns zu verunfreien und zu entmündigen, wo immer ihnen dies möglich ist, bzw. es ihren Zwecken und Zielen dient.

Ist Freiheit demnach doch nur etwas wie der heilige Gral der Sage? Etwas theoretisch Mögliches – quasi das Endziel menschlicher Entwicklung, zu dem uns bislang zwar der evolutionäre Reifegrad fehlt, das wir jedoch emotional und rational in seiner ‚utopischen Machbarkeit’ wachhalten müssen, um es irgendwann tatsächlich zu realisieren?

Damit könnte ich durchaus leben –  [….]


[1] John Galbraith, „Anatomie der Macht”