– nur die Systempolitiker kapieren es immer noch nicht –
BMW und VW setzen auf Kurzarbeit, Hypo Real Estate ersucht um den nächsten Nachschlag (diesmal 12 Mrd €), die Commerzbank, finanziell in höchster Not, holt sich den Staat als Miteigentümer ins Boot – um die Dresdner Bank kaufen (!) – und dabei wird für 25% (plus eine Aktie) das Sechsfache des derzeitigen Börsenwertes für die gesamte Bank bezahlt, ein wahrhaft tolles Geschäft. Dafür soll die Commerzbank dann 9% Zinsen zahlen – womit, bitteschön, soll dieser Zinsdienst erwirtschaftet werden? Später soll dieser Staatsanteil dann wieder verkauft werden – mit Gewinn, versichern Glos (früher Müllermeister, heute Wirtschaftsminister) und Kollege Steinmeier, angeblich Finanzexperte. Hatten die beiden keinen Matheunterricht?
Mit einer Verschrottungsprämie soll der Automarkt angeregt werden, und der Kinderzuschlag soll wohl der Windelindustrie und den Brei-Fabrikanten über den wirtschaftlichen Winter helfen.
An allen Ecken und Enden franst das System aus – in Deutschland, europa- und weltweit. Alle Länder der Welt verzeichnen für das vierte Quartal 2008 ein “Minuswachstum” (was für ein Wort!) von zwischen 0,4 bis 1,8%, und für 2009 ist man sich einig: Die Bruttoinlandsprodukte gehen zwischen 1,2 und 6% nach Süden.
Mit gigantischen Summen (2009 wohl mehr als 2,7 Billionen €) wird verzweifelt versucht, das alte System zu retten – ohne Rücksicht auf künftige Generationen. Der nicht ausrottbare Glaubenssatz ‚nur Wachstum garantiert Wohlstand, Arbeitsplätze und soziale Stabilität‘ wird als Rechtfertigung eines Wahnsinns gepredigt, der in Wahrheit nur die Angst verschleiert, daß die bestehenden Machtstrukturen gefährdet sind, der drohende Kollaps zu nicht mehr kontrollierbaren Verschie-bungen – national wie international – führen wird und mutmaßlich alle so mühsam zusammen-gebastelten Interdependenzen platzen und sich auflösen könnten.
Dabei hat die Wirtschaftskrise gerade erst begonnen; allein die noch in den Büchern deutscher Banken schlummernden „Leichen“, die Saat eines völlig haltlosen, von schierer Gier und Größenwahn getriebenen Kasinokapitalismus, addieren sich wohl auf etwa 600 bis 800 Milliarden €, weltweit auf etwa 18 bis 20 Billionen, und noch überhaupt nicht erahnbar ist das Ausmaß der Defizite in den angelsächsischen Pensionsfonds einerseits sowie der bereits heute bestehenden Verpflich-tungen der gesetzlichen Renten- und öffentlich-(un)rechtlichen Versorgungswerke der europäischen Staaten.
Insbesondere die Großstaaten – China, Rußland, Indien, Brasilien, USA und Indonesien –, aber auch die staatlichen Kunstprodukte unserer Zeit – EU und GUS – stehen vor Zerreißproben, die mut-maßlich zu ihrer Auflösung führen könnten – mit dramatischen sozial-, wirtschafts- und finanz-politischen Auswirkungen. Die (bis heute verfassungslose) EU steht mit den wirtschaftspolitisch fragilen „PIGSIs“ – Portugal, Italien, Griechenland, Spanien und Irland – bereits in einem nahezu praekomatösen Zustand; nur deshalb kann sich der US-$ ggü. dem Euro einigermaßen halten.
Dabei zeichnet sich weltweit, speziell aber in den westeuropäischen Ländern zunehmend ab, daß diejenigen Unternehmen und Branchen gestützt und mit Krediten, Bürgschaften und Staatsgarantien versorgt werden, die entweder bereits (halb)staatlich geführt werden oder hohe Belegschaften halten oder zu den Kernbranchen der jeweiligen Volkswirtschaft zählen. Verständlich – es geht um die Sicherung des Systems, und welche Regierung legt sich schon mit Großkonzernen und deren Belegschaften an – aber volkswirtschaftlich höchst kurzsichtig und gefährlich; der Mittelstand, die Hunderttausenden von Kleinbetrieben und freiberuflich Selbständigen bilden das Rückgrad jeder Volkswirtschaft; sie stellen das Gros der Arbeitsplätze, sie reagieren flexibler, produktiver und effektiver auf den Bedarfswandel in sich verändernden Zeiten, als dies Großkonzerne jemals können; sie stellen das Gros der Ausbildungsplätze und 95% aller Patente. Aber hinter ihnen stehen eben keine mächtigen Betriebsräte und Gewerkschaften (mit entsprechenden Juristenstäben); sie haben keine Lobby. Sie kämpfen ums nackte Überleben und haben überproportional mit staatlicher Willkür, Bürokratie- und Behördenwahnsinn zu kämpfen. Die Großindustrie wird mit staatlichen Programmen gestützt und mit Krediten aus öffentlich-(un)rechtlich veruntreuten Steuergeldern versorgt; um den Mittelstand kümmern sich weder Banken noch die Politik. Unternehmen sind (ab einer gewisser Größe) fürs System wichtig, Unternehmer sollen sich gefälligst selbst retten. Genau hierin unter-scheiden sich überbezahlte Angestellte und verantwortliche Unternehmer!
Da werden Autokonzerne in den USA mit Hunderten von Milliarden gefüttert, die seit mehr als 10 Jahren nur mithilfe ihrer Finanzgeschäfte überhaupt noch Gewinne verzeichneten. In Deutschland fällt es ausgerechnet jetzt der großen Koalition ein, sich um verwahrloste Schulgebäude und infrastrukturelle Notfälle zu kümmern; seit Jahrzehnten klaffende Baustellen sozialpolitischer Inkompetenz werden nun mit hektischem Aktionismus angegangen und uns pathetisch als „reforma-torische“ Glanztaten verkauft. In Wahrheit zittert ein völlig hilfloser Haufen überforderter Politiker, deren Angst vor einem Machtverlust noch größer ist als ihre gegenseitige Abscheu, dem Ende ihrer koalitionären Haßliebe entgegen – ohne die mindeste Ahnung davon, wie dem, was da auf sie/uns wartet, begegnet werden könnte.
Der nun in zunehmendem Tempo auf uns zukommenden Wirtschaftskrise, noch mehr aber der daraus erwachsenden Sozialkrise kann und darf nicht in der jahrzehntelang gepflegten systemischen Üblichkeit begegnet werden, denn wir haben es mit einer Systemkrise zu tun, deren finanz- und sozialpolitischen Dimensionen alles in den Schatten stellen wird, was wir in den letzten hundert Jahren erlebt haben. Nur haben dies unsere fachlich völlig überforderten, ausschließlich partei-politisch konditionierten und trainierten Systempolitiker noch nicht im mindesten begriffen.
Verabsäumt wurde – quer durch alle Parteien –, in wirtschaftlich prosperierenden Zeiten und angesichts niedriger Zinsen vormals aufgenommene Schulden zu tilgen und wirkliche Reformen im Bildungs-, Gesundheits-, Steuer-, Sozial– und Finanzwesen zu entwickeln – statt immer nur blumig und selbstverliebt zu schwadronieren. Völlige Ahnungslosigkeit, partei- und wähleropportune Gefälligkeitspolitik und eine ausschließlich auf Machterhalt ausgerichtete Realitätsferne zwingen unsere Pseudoeliten nun zu einer immer abenteuerlicheren und absehbar unseriösen Fiskalpolitik, deren Auswirkungen nachgerade unverantwortlich sind.
Intelligent wäre es, das gesamte Steuersystem auf eine gestaffelte Konsumsteuer (siehe Steuer-, Wirtschafts– und Sozialkonzept: www.d-perspektive/konzepte) einzudampfen, den Bürokratie-Dschungel radikal zu lichten, alle Protektionismen und Wettbewerbshindernisse abzubauen und nicht künstlich am Leben zu erhalten, was sich schlicht überlebt hat. Unter den nun anlaufenden Programmen wird nur noch mehr als ohnehin bereits bisher Eigeninitiative unterdrückt und die Übernahme von Eigenverantwortung unterbunden. Dies gilt im privaten und beruflichen Bereich ebenso wie im kommunalen. Auf staatlicher Ebene kann es per se keine Demokratie geben, sehr wohl jedoch auf kommunaler (siehe Demokratie– und Rechtskonzept: www.d-perspektive.de/konzepte).
Aber für wirkliche Reformen und dafür, den nun auf uns zukommenden Problemen mit Klugheit, Mut, fachlicher Kompetenz und verantwortungsbereiter Kraft zu begegnen, fehlt unseren System-heloten jegliche Voraussetzung.
Dementsprechend müssen wir gewärtigen, daß links- und rechtsradikal orientierte ideologische Spinner und Demagogen ihre Sprüche absondern und zunehmend an Einfluß und Zulauf gewinnen – mit der Folge, daß die Schäubles und Bushes weltweit immer mehr Kontrolle, Polizeistaat und Eingrenzung der persönlichen Freiheit fordern…
H.-W. Graf