Der wirtschaftlich desolate Zustand der Gesetzlichen Rentenversicherung dürfte zwischenzeitlich das Bewußtsein weiter Bevölkerungsteile erfaßt haben. Gleichwohl geriert sich der Staat nach wie vor als Wohltäter, indem er verschiedene Altersvorsorgemaßnahmen „staatlich“ durch Zulagen und Steuerersparnisse fördert. Riester feiert Wiederauferstehung, Rürup wird aufgepeppt und das betriebliche Altersvorsorgewesen scheint richtig in Schwung zu kommen. Dennoch sollten bei der eigenen Vorsorge – trotz aller vermeintlicher oder tatsächlicher Wohltaten des Staates – wesentliche Aspekte der Altersvorsorge nie außer Acht gelassen werden. Daher an dieser Stelle noch einmal die 10 wichtigsten Tips, die beim Aufbau der Altersvorsorge elementare Bedeutung haben:
1. Machen Sie eine regelmäßige Bestandsaufnahme Ihrer Vermögenssituation.
Die einzig wirklich relevante Meßgröße für die Frage, ob eine Altersvorsorge ausreicht, ist das jeweilige Nettovermögen (und dessen Verfügbarkeit). Es kommt also – einfach gesagt – nicht darauf an, ob Sie drei Lebensversicherungen haben, sondern wie hoch Ihr Nettovermögen ist.
2. Vermeiden Sie Schulden jedweder Art,
denn spätestens, wenn am Schluß das angesparte Vorsorgevermögen zur Schuldentilgung verwendet werden muß, weil ja dann das Einkommen für die Bedienung der Kredite fehlt, ist schon manche Altersvorsorgeillusion zerplatzt. Eine Ausnahme hiervon stellen eigengenutzte und vermietete Immobilien dar, doch auch hier gilt: Kaufen Sie nur eine Immobilie, bei der Sie davon ausgehen (können), daß diese im Wert steigt oder zumindest wertbeständig bleibt.
3. Sparen Sie Ihr Vermögen so flexibel wie möglich an.
Hierzu eignen sich am besten Fondssparpläne. Bei der Auswahl der Fonds bzw. bei der Verwaltung dieser Sparpläne und des daraus resultierenden Vermögens sollten Sie sich professioneller, vor allem aber unabhängiger (!) Hilfe bedienen. Der große Vorteil des freien Fondssparens ist, daß Sie die Sparrate entsprechend Ihrer aktuellen Lebenssituation festlegen können. In schwierigen Zeiten können Sie dieses sogar vollständig aussetzen, ohne daß Ihnen dies (vertragsbedingt) zum Nachteil gereicht. Sie können jederzeit Sonderzahlungen leisten. Zudem haben Sie ständige Transparenz und wissen genau, wie viel Ihr Sparvermögen aktuell wert ist. Wird Ihr Vermögen außerdem aktiv – und ebenfalls unabhängig und professionell – gemanagt, wird Ihr Verwalter auch rechtzeitig den Fonds wechseln.
4. Meiden Sie jegliche Form von geschlossenen Beteiligungen,
wie z.B. geschlossene Immobilienfonds, Medienfonds, Schiffsbeteiligungen etc., solange Sie Ihre sonstigen „Schäfchen“ (noch) nicht „im Trockenen“ haben. Die Risiken solcher Anlagen sind in der Regel höher als die Chancen.
5. Trennen Sie Versicherungen und Kapitalanlagen konsequent.
In der Regel ist es sinnvoller, Versicherungen gegen Invalidität, Tod, Unfall etc. separat und ohne „integrierte Kapitalbildung“ zu versichern. Meiden Sie alle kombinierten Angebote dieser Art.
6. Überlegen Sie sich bei allen staatlich geförderten Produkten,
daß einmal erhaltene Subventionen irgendwann und von irgend jemandem (Erben, evtl. sogar von Ihnen selbst) zurückbezahlt werden müssen. Wie bereits ausgeführt, sind staatliche Subventionen meistens mit Verpflichtungen und Gegenleistungen verbunden. Überlegen Sie also lieber zweimal, ob Sie durch den Abschluß eines „staatlich geförderten“ Finanzproduktes alle diese Auflagen mit in Kauf nehmen wollen (bestes Beispiel: „Riester-Rente“!).
7. Das beste Vorsorgeprogramm ist Ihre geistige, seelische und körperliche Gesundheit!
Die Entwicklung und Bewahrung der eigenen Fähig- und Fertigkeiten sowie körperliche und geistig-seelische Gesundheit des Einzelnen sind Altersvorsorgegaranten, die sich über jede (staatlich vorgegebene) Altersgrenze hinwegsetzen. Wer diese Grundannahme verinnerlicht, hat bereits einen wesentlichen Schritt zur klugen Altersvorsorge getan, denn nichts ist krisensicherer als die Gesamtheit der eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten, Kenntnisse und Ziele.
Zur Erinnerung: In Deutschland kam es im 20. Jahrhundert immerhin zu zwei Währungszusammenbrüchen – mit verheerenden Konsequenzen für die Altersvorsorge seiner Bürger. Ohne die Rolle und den Zustand des Weltfinanzsystems an dieser Stelle vertiefen zu wollen, muß jedem klar sein, daß es immer nur eine relative Sicherheit bzgl. aller Geld- oder sonstiger Vermögenswerte geben kann.
Insofern sollte die andere „Schiene“ der Altersversorgung, die Entwicklung und Bewahrung der persönlichen sozialen, mentalen und emotionalen Kräfte schon deshalb niemals vernachlässigt werden.
8. Ziehen Sie Kapital – wo immer möglich – der Option einer Rente vor.
Die reichhaltigen Angebote der Versicherungsgesellschaften, Ihr Kapital zu vereinnahmen und Ihnen dafür eine monatliche Rente zu bezahlen, schränkt Ihre Flexibilität insofern ein, als es in der Regel keine Möglichkeiten gibt, diesen Schritt wieder rückgängig zu machen. Zudem kalkulieren die Versicherungsgesellschaften derart vorsichtig, daß Sie schon steinalt werden müssen, damit nicht die Versicherungsgesellschaft, sondern Sie – es ist ja Ihr Geld – den besten Nutzen daraus ziehen.
9. Je früher Sie mit dem Aufbau einer eigenen Altersvorsorge beginnen, desto besser.
Wir alle kennen die Geschichte, was aus einem Cent geworden wäre, wenn man ihn bei Christi Geburt angelegt hätte. Im übrigen ist der Mensch nun einmal ein Gewohnheitstier, und je früher er sich daran gewöhnt zu sparen, desto leichter tut er sich damit. Auch dieser Gedanke kann gar nicht früh genug in die Erziehung bei Kindern einfließen.
10. Holen Sie sich qualifizierten Rat ein,
zahlen Sie lieber ein Honorar an einen unabhängigen Berater, als sich von einer Heerschar an Verkäufern mit Bildern von einer Yacht im Mittelmeer oder einem (gar nicht so) seniorengerechten Gefährt aus Zuffenhausen den Mund wäßrig machen zu lassen. Sie haben es wahrscheinlich auch schon in anderen Bereichen Ihres Lebens gemerkt: Weniger ist manchmal mehr, und jeden Tag – kurz nach dem Aufstehen – müssen sich die Marketingleute der Finanzproduktanbieter wieder etwas Neues einfallen lassen, um an Ihr sauer verdientes Geld zu kommen.
Frank Amann