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Gegen den Trend – Studie zur Bevölkerungsentwicklung

Dieser Artikel wurde im Newsletter DEMOS des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung, Ausgabe 69, vom 31. März 2009 veröffentlicht.

Eine neue Studie des ‚Berlin-Instituts’ zeigt am Beispiel des Oldenburger Münsterlandes, daß der Niedergang ländlicher Regionen keine automatische Folge des demografischen Wandels ist.

Fast alle ländlichen Regionen in Deutschland spüren die Folgen des demografischen Wandels. Ihnen fehlt der Nachwuchs, die Bevölkerung altert, und vor allem die gut ausgebildeten jungen Menschen versuchen ihr Glück in den größeren Städten oder im Ausland. Der Wirtschaft mangelt es an neuen Ideen und Investoren – hohe Arbeitslosigkeit ist die Folge. Den verschuldeten Kommunen fehlen oft die Mittel, ihre Infrastruktur instand zu halten oder zu modernisieren. Schulen werden zusammengelegt, Geschäfte und Banken geschlossen, und die Steuereinnahmen gehen zurück. Daraus entsteht schnell ein Kreislauf, aus denen viele Gemeinden keinen Ausweg finden.

Doch nicht alle ländlichen Regionen folgen diesem Trend. Besonders im Oldenburger Münsterland, bestehend aus beiden Landkreisen Cloppenburg und Vechta im westlichen Niedersachsen, verheißt die wirtschaftliche und demografische Entwicklung Gutes, wie die neue Studie „Land mit Aussicht. Was sich von dem wirtschaftlichen und demografischen Erfolg des Oldenburger Münsterlandes lernen läßt“ des ‚Berlin-Instituts’ zeigt.

Die Region erlebt mehr Zu- als Abwanderung und Geburten- statt Sterbeüberschuß. Der Landkreis Cloppenburg erreicht im insgesamt kinderarmen Deutschland (1,37 Kinder je Frau) die einmalig hohe Nachwuchszahl von 1,74 Kindern je Frau, im benachbarten Vechta sind es immerhin 1,57 (2007). Viele Kinder zu haben hat in der Region Tradition. Die Bevölkerung ist deshalb deutlich jünger als im Bundesmittel, und sie ist seit 1995 um zwölf Prozent gewachsen. Deutschland insgesamt kommt im gleichen Zeitraum auf ein Plus von nur 0,5 Prozent.

Die höchste Kinderzahl pro Frau im Landkreis Cloppenburg

Im Jahre 2007 hatten die Frauen im bundesdeutschen Mittel 1,37 Kinder, doch gibt es viele Ausreißer, wenn man die Kreisebene betrachtet. Spitzenreiter ist das Oldenburger Münsterland mit den Landkreisen Cloppenburg und Vechta im westlichen Niedersachsen. Dort bekommen die Frauen im Schnitt 1,74 respektive 1,57 Kinder. Schlußlichter bilden die Kreise wie Passau, Würzburg und Heidelberg mit weniger als einem Kind pro Frau.

Ebenso überraschend ist die ökonomische Entwicklung der Region: Das Wirtschaftswachstum der letzten zehn Jahre lag dreimal so hoch wie im gesamten Land. Die Erwerbstätigenzahlen haben sich seit 1994 um 26 Prozent erhöht – im Bundesmittel waren es nicht einmal vier Prozent. Die Arbeitslosenquote liegt deutlich unter dem deutschlandweiten Durchschnitt, die Frauenerwerbstätigenquote darüber.

Im Kern beruht der Erfolg ausgerechnet auf der Landwirtschaft, die deutschlandweit lediglich ein Prozent der Bruttowertschöpfung ausmacht. Die Oldenburger Münsterländer leben allerdings nicht von der landwirtschaftlichen Primärproduktion, mit der sich heutzutage kaum Beschäftigung schaffen läßt, sondern von hunderten in der Region ansässigen vor- und nachgelagerten Betrieben der Agrar- und Lebensmittelwirtschaft. Hier ist eine geschlossene Wertschöpfungskette entstanden, die Futtermittelproduktion und Viehzucht, Schlachthöfe und Fleischverarbeitung, Maschinenbau und Verpackungsindustrie, Düngemittelhersteller und Pharmaunternehmen nebst den entsprechenden Dienstleistungssektoren verbindet. Rund ein Drittel aller Beschäftigten vor Ort arbeitet in diesem Sektor, der dieser Region mittlerweile den Titel „Silicon Valley der Agrartechnologie“ verschafft hat. Auch quantitativ hat die Region einen erheblichen Teil der landwirtschaftlichen Produktion an sich gezogen: Zwar leben zwischen Cloppenburg und Vechta nur knapp 0,4 Prozent der Bundesbürger, dafür haben dort jedes elfte Mastschwein, jede fünfte Legehenne und jedes dritte Truthuhn Deutschlands ihr kurzfristiges Zuhause.

Konstantes Beschäftigungswachstum im Oldenburger Münsterland

In den Landkreisen Cloppenburg und Vechta waren im Jahr 2006 rund 26 Prozent mehr Menschen in Beschäftigung als elf Jahre zuvor. Einen ähnlich hohen Zuwachs unter den ländlichen Regionen konnte nur der Landkreis Dingolfing-Landau (+22 Prozent) in Bayern verzeichnen. Der größte Beschäftigungsverlust findet sich in den Kreisen Oberspreewald-Lausitz (-30,2 Prozent) in Brandenburg und Uecker-Randow (-26,0 Prozent) in Mecklenburg-Vorpommern.

Verzahnung von Gesellschaft und Wirtschaft

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