Inzwischen sind es schon wieder mehr als 100 Tage seit Beginn der Vernunftehe zwischen Angela I. und dem dicken roten Erzengel Gabriel, und seit ebenso langer Zeit versuchen beide Lager, uns bereits für 2017 darauf einzustimmen, daß spätestens dann ‚richtig regiert‘ wird; bis dahin muß man sich eben, dank Wählers Unverstand, mit dem ideologischen Feind im Kabinett arrangieren. Eigenes Tun wird eifrig beklatscht, der politische Gegner benevolent geduldet.
In der Tat sind Dutzende von Ereignissen und Geschehnissen zur Zeit interessanter als das inhaltslose Gesäusel der rot-schwarzen „Elite“, die sich nur in einem einig zeigt – dem unbedingten Gehorsam gegenüber Mr. Obama und dessen fassungsloser Empörung darüber, was die ‚bösen Russen‘ so fürchterlich völkerrechtswidrig und antidemokratisch mit der Krim anstellen. Man kann erstaunt zur Kenntnis nehmen oder entsetzt darüber sein, wie verlogen die westliche Reaktion auf die gefährliche Zuspitzung in der Ukraine ausfällt. Da bemüht ausgerechnet die Regierung der Nation, die in den letzten 150 Jahren mehr Kriege vom Zaun gebrochen hat als alle anderen Nationen dieser Erde zusammen, die Genfer Konvention, die Grundprinzipien des Völkerrechts und den originären Geist solonischer Demokratie, um Wladimir Putin ins Abseits zu stellen und ihn wie einen unartigen kleinen Bengel aus dem Kreis der G8 zu verbannen.
Lieber unterstützen Obama und seine Heloten eine höchst faschistoide, rechtsgerichtete Schlägerbande, mit der die martialisch auftrumpfende Julija Timoschenko und der nach vielen hundert Kopftreffern wohl nicht mehr ganz denkfähige Boxer Klitschko koalieren und die Ukraine dem Kranz der westlichen Bündnisse einverleiben wollen – natürlich gegen entsprechende Subventionen vonseiten der EU und territoriale Schutzversprechen der Nato gegenüber dem früher so innig geliebten großen Bruder Rußland.
Im Gewusel der (inter-)nationalen Ereignisse auf allen säkularen und sakralen Bühnen: Franziskus feuert Tebartz, der selbstverliebte Marx mausert sich zum Kurien-Kardinal; der DAX und seine weltweiten Geschwister überraschen mit hohen Volatilitäten ebenso wie die Devisenkurse; gerade das Verhältnis von Euro zu US-$ schlägt mit Unterschieden von bis zu 3,8% innerhalb von 72 Stunden so stark aus wie seit 2008 nicht mehr.
Wir werden wohl auch in der nächsten Woche mit Schäubles Haushaltstricksereien, orakelnden westlichen Politikern und unbeeindruckten russischen Politikern das Gekeife um die Ukraine begleiten und ansonsten lustlos dümpelnde Aktien- und Rentenindizes erleben. Der Neid auf „die Reichen“ – was für die meisten Menschen bereits ab einer Größenordnung von 250.000 € beginnt –, nicht wirklich wichtige politische Themen (die aber umso dramatischer aufgeblasen werden), drohende Seuchen und anthropogene Umweltkatastrophen werden das mediale Futter der nächsten Wochen. Wir werden mit unliebsamen Folgen gewerkschaftlich organisierter Streiks leben müssen und ansonsten auf endlich wieder wärmere Tage hoffen dürfen.
H.-W. Graf